Philippinische Beziehungen

Im Land der 7101 Inseln, wie die Philippinen oft genannt werden, hat der Name Wilhelmsfeld einen besonderen Klang. Der weitgereiste philippinische Arzt und Dichter José Rizal, im Dezember 1896 als Revolutionär erschossen und heute Nationalheld der Philippinen, verbrachte im Sommer 1886 einen wichtigen Abschnitt seines Lebens im kleinen Odenwald-Dorf Wilhelmsfeld.

Nach Abschluss seines Medizinstudiums in Madrid suchte Rizal in Paris den österreichischen Chirurgen Dr. Louis de Wecker auf, der soeben ein neues Verfahren entdeckt hatte, mit dem zur Behandlung des Grauen Stars eine teilweise Wiederherstellung der Sehfähigkeit erreicht werden konnte. Rizal reiste anschließend nach Heidelberg, um dort an der neu gegründeten Universitäts-Augenklinik bei Prof. Otto Becker zu volontieren und diese Behandlungsmethode zu erlernen. Bei einer seiner Wanderungen an den Hängen des Neckartals lernte er den Wilhelmsfelder Pfarrer Karl Ullmer kennen, der ihn zu sich nach Wilhelmsfeld einlud. Das kleine Dorf im Vorderen Odenwald zählte damals gerade 800 Einwohner.

Es konnte in seiner Abgeschiedenheit dem philippinischen Gast die nötige Ruhe geben, seinen stark autobiografisch geprägten Roman „noli me tangere“ zu vollenden. Diesem Buch sollte später bei der Befreiung seines Volkes aus spanischer Kolonialherrschaft eine besondere Bedeutung zukommen. All dies wäre wohl in Vergessenheit geraten, hätte nicht die philippinische Vizepräsidentin an der Centro Escolar University in Manila, Paz Policarpio Mendez ausgedehnte Europareisen unternommen, um den Spuren ihres Nationalhelden zu folgen. Der weitgehend erhaltene Briefwechsel Rizals führte sie auch nach Wilhelmsfeld, wo ihr an Weihnachten 1959 der damalige Pfarrer Gottlob Weber behilflich war, die Verbindung zum zuständigen Landrat Georg Steinbrenner herzustellen. Der wiederum erinnerte sich an einen Rechtsanwalt Ullmer aus seiner Heimatstadt Wiesloch, dessen Tochter einen Heidelberger Arzt Dr. Hack geheiratet hatte. Frau Mendez war es auch, die am evangelischen Pfarrhaus im Januar 1960 eine Erinnerungstafel für ihren Nationalhelden anbringen ließ.

Als im Juni 1964 die Pfarrgasse in José-Rizal-Straße umbenannt wurde, war es das erste Mal, dass außerhalb der Philippinen eine Straße den Namen des Nationalhelden erhielt. Durch Presseberichte aufmerksam geworden, bemühte sich der Direktor des Natonalmuseums in Manila um den alten Sandsteinbrunnen im Pfarrhof. Im September 1964 vollzog in festlichem Rahmen Oberfinanzrat Dr. Seitz von der Pflege Schönau die Übergabe des Brunnens an den philippinischen Botschafter Aquino. Heute steht er im Luneta – Park in Manila. Ein Obelisk erklärt die Geschichte des Brunnens in vier Sprachen. Für den Präsidenten der Deutsch-Philippinischen Gesellschaft in Mainz Franz Josef Weyand war es immer ein besonderes Anliegen, die Errichtung eines Rizal-Denkmals in Wilhelmsfeld auf den Weg zu bringen.

Mit einer breit angelegten Spendenaktion schuf er die finanziellen Voraussetzungen schon Anfang der siebziger Jahre. Unmittelbar neben der Odenwald-Halle gestaltete die Gemeinde eine kleine Parkanlage, für deren Mittelpunkt Prof. Anastacio Caedo in Manila eine überlebensgroße Bronzestatue schuf. Am 2. September 1978 konnte der Rizal-Park seiner Bestimmung übergeben werden. Damit fanden auch die jahrzehntelangen Bemühungen des früheren Pfarrers Gottlob Weber um José Rizal und sein geistiges Vermächtnis einen krönenden Abschluss. Seither wird am 19. Juni, Rizals Geburtstag, und am 30. Dezember, dem Tag seiner Hinrichtung im Jahre 1896, des philippinischen Nationalhelden durch Veranstaltungen der Gemeinde und der Knights of Rizal im Rizal-Park gedacht. Dr. Fritz Hack-Ullmer, Urenkel des damaligen Gastgebers Rizals in Wilhelmsfeld, begann im Frühjahr 2002 mit Unterstützung von Bürgermeister a.D. Manfred Holtzmann für eine ansprechendere und aussagekräftigere Gestaltung der Denkmalanlage im Rizal-Park zu werben.

Seine Grundidee war, Rizals akademische Lehrer Prof. Otto Becker und Prof. Rudolf Virchow sowie die beiden Freunde Prof. Ferdinand Blumentritt und Karl Ullmer in die Anlage einzubinden und ihre Bedeutung im kurzen Leben des philippinischen Freiheitshelden darzustellen. Dies geschah schließlich mit der Aufstellung von mehrere Tonnen schweren Sandstein-Stelen aus böhmischem Elbsandstein, auf denen in Augenhöhe die Bronzeköpfe der Weg-Gefährten Rizals sowie eine große Tafel mit den wichtigsten Daten dazu angebracht sind. Für die künstlerische Gestaltung konnte Libor Pisklak aus dem tschechischen Leitmeritz gewonnen werden, der damaligen Wirkungsstätte von Prof. Blumentritt. Die Kosten von rund 30.000 € wurden ausschließlich aus Spenden aufgebracht. In den Jahren 2015/2016 wurden der Rizal-Park am Karl-Ullmer-Weg und der Platz zwischen der Odenwaldhalle und der Christian-Morgenstern-Grundschule in der Schulstraße saniert. In einer siebenmonatigen Bauzeit wurde der Rizal-Park komplett neu gestaltet.

Der bisherige Brunnen mit den betonierten Flächen, welche die Tausenden von Inseln der Philippinen im Stillen Ozean darstellen und das lebensgroße Rizal-Denkmal wurden so belassen. Neu entstand ein Wasserlauf, der in den Brunnen mündet. Rund 800.000 € wurden in die Maßnahme investiert. Im Juni 2016 fand die Einweihungsfeier mit einem großen Fest statt. Zahlreiche Besucher von den Philippinen und die Wilhelmsfelder Bevölkerung nahmen daran teil. Mit einer Anerkennungsurkunde aus dem Hauptquartier der "Knights of Rizal" aus Manila, die Bürgermeister Hans Zellner überreicht wurde, würdigte der oberste Commander die Arbeit der Gemeinde um Rizal. Mit dem neuen Rizal-Park hat die Gemeinde die würdige Gedenkstätte erheblich aufgewertet und lädt alle Besucher zum Verweilen ein. Die Infotafeln zeigen die Stationen und Weggefährten von Rizal. 

Otto Becker (1828 - 1890)

Jose-Rizal volontierte nach seiner medizinischen Ausbildung in Madrid im Jahre 1886 an der Universitäts-Augenklinik in Heidelberg, wo er bei Prof. Otto Becker die Operationstechnik erlernte, mit der er Jahre später seine am Grauen Star erkrankte Mutter heilen konnte. Prof. Becker ist es zu verdanken, dass seit dieser Zeit die Heidelberger Augenklinik als einzige der Welt über lückenlose Langzeitbeobachtungen zum Thema Blindheit verfügt. Er hat sich bleibende Verdienste um die damals noch nicht übliche wissenschaftliche Begleitung von Blindenschulen erworben.

Rudolf Virchow (1821 - 1902)
Nach seiner Wilhelmsfelder Zeit traf Rizal den seinerzeit bedeutendsten Mediziner Europas. Der Begründer der Zellular-Pathologie erkannte Rizals Genie und machte ihn zum Mitglied der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte. Während seiner Verbannung nach Dapitan konnte José Rizal trotz erschwerter Bedingungen vieles von dem umsetzen, was er von seinem Mentor gelernt hatte: Moderne Hygiene, Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung, schulische Erziehung und Weiterbildung.

Ferdinand Blumentritt (1853 - 1913)
Rizal suchte Kontakt zu dem im böhmischen Leitmeritz (heute: Tschechien) lebenden Gymnasial-Professor Blumentritt, der sich mit seinen Forschungen über die Philippinen internationale Anerkennung erworben hatte. Der umfangreiche, in deutscher Sprache geführte Briefwechsel zeugt noch heute von einer tiefen Freundschaft. Am Tag vor seiner Hinrichtung schrieb Rizal: „Mein lieber Bruder, wenn Du diesen Brief erhalten hast, bin ich schon tot. Morgen um 7 Uhr werde ich erschossen werden, aber ich bin unschuldig des Verbrechens der Rebellion. Ich sterbe gewissensruhig. Lebe wohl, mein bester, liebster Freund und denke nie übel von mir.“

Karl Ullmer (1841 - 1910)
Im Wilhelmsfelder evangelischen Pfarrhaus wurde José Rizal im Frühjahr 1886 wie ein Familienmitglied aufgenommen. Sein Gastgeber Pfarrer Ullmer war für ihn ein wertvoller Gesprächspartner, dessen freundschaftliches Verhältnis zum katholischen Amtsbruder Bardorf Rizal tief beeindruckte. Rizal schrieb einmal an Ullmer: „Ich habe keinen Pfennig an meinen Büchern verdient.“ Diesem Beispiel folgend haben im Jahre 1950 die Brüder Dr. Fritz und Dr. Hans Hack-Ullmer ihre kostbare Sammlung von Rizal-Briefen, Postkarten, Zeichnungen und die Pfarrer Ullmer gewidmete Erstausgabe des „noli me tangere“ dem philippinischen Volk geschenkt.

Städtepartnerschaft Wilhelmsfeld - Calamba

Bereits im Jahr 2008 beschloss der Gemeinderat der Gemeinde Wilhelmsfeld auf Ersuchen der philippinischen Stadt Calamba mit dieser eine Städtepartnerschaft einzugehen.

Die Unterzeichnung des Partnerschaftsvertrages zwischen Wilhelmsfeld und Calamba-City durch die amtierenden Bürgermeister (Herrn Hans Zellner und Herrn Joaquin M. Chipeco) fand am 07. Oktober 2011 in einer Feierstunde im Wilhelmsfelder Rathaus statt. Zahlreiche Gäste aus Nah und Fern waren vor Ort.

Mit der Unterzeichnung des Partnerschaftsvertrages ging ein lang ersehnter Wunsch in Erfüllung. Beide Orte rücken nun zusammen, obwohl sie eigentlich
10 361 Kilometer voneinander entfernt sind. So steht es auf einem Schild, welches anlässlich des Festaktes vor dem Rathaus Wilhelmsfeld enthüllt wurde.

Verbunden sind die beiden Kommunen durch Dr. José Rizal, dem philippinischen Nationalhelden. Er wurde 1886 in Calamba geboren und studierte Augenheilkunde in Heidelberg. Während seiner Studienzeit dort, lebte er einige Zeit im Evangelischen Pfarrhaus in Wilhelmsfeld als Gast Pfarrer Ullmers.

In der Partnerschaftsurkunde nennen beide Orte Frieden, Freiheit und Gleichheit sowie die Pflege gesellschaftlicher, sozialer und kultureller Kontakte als gemeinsames Ziel.

Die Gemeinde Wilhelmsfeld arbeitete bereits in der Vergangenheit mit philippinischen Hilfsorganisationen zusammen und es gab in den Jahren 1979 und 1983 zwei Bürgerreisen in die Heimat von Dr. José Rizal.

Zu seinen Ehren wurde im Jahr 1978 der bei der Odenwaldhalle gelegene Rizal Park, in dem eine lebensgroße Bronzestatue von José Rizal steht, eingeweiht. Der Fußweg zum Park wurde nach dem Pfarrer, der ihn beherbergte „Karl-Ullmer-Weg“ benannt.

Einige Jahre später wurden neben der Statue vier Bronzebüsten wichtiger europäischer Wegbegleiter Rizals errichtet.

In den Jahren 2015/2016 wurde der Rizal-Park saniert und komplett umgestaltet. Der Brunnen, dessen betonierte Flächen, die 7.000 Inseln der Philippinen symbolisieren, und das lebensgroße Rizal-Denkmal wurde so belassen. Neu entstanden ist ein Wasserlauf, der in den Brunnen mündet.

Im Juni 2016 fand die Einweihungsfeier des neu gestalteten Rizal-Parks statt, der nun offengestaltet ist und durch im Hang integrierte Sitzgelegenheiten zum Verweilen einlädt. Zahlreiche Besucher aus den Philippinen und die Wilhelmsfelder Bevölkerung nahmen an den Feierlichkeiten teil. Mit einer Anerkennungsurkunde aus dem Hauptquartier der „Knights of Rizal“ aus Manila, die Bürgermeister Hans Zellner überreicht wurde, würdigte der oberste Commander die Arbeit der Gemeinde um das Gedenken Rizals.

Mit dem neuen Rizal-Park hat die Gemeinde eine würdige Gedenkstätte geschaffen und lädt alle Besucher zum Verweilen ein. Die aufgestellten Infotafeln zeigen die Stationen im Leben von Rizal und informieren über dessen Weggefährten in Europa.

Hinweis:
Auszug aus der Rhein-Neckar-Zeitung vom 10.10.2011 entnommen.